Julian Attenberger
„Ich möchte im Gesundheitssystem das verbessern, was in meiner Macht liegt“
Mit seinem Fernstudium in Gesundheits- und Sozialmanagement sowie Berufspädagogik sieht Notfallsanitäter Julian Attenberger die Chance, langfristig als Berufspädagoge Prozesse im Gesundheitssystem verbessern zu können.
„Ein Nein heißt für mich, ich finde einen anderen Weg“ – das beschreibt sowohl Julians optimistische Persönlichkeit als auch seinen beruflichen Werdegang ziemlich gut. Denn der 36-Jährige ist nicht über den klassischen Weg zum Staatsexamen als Notfallsanitäter gekommen. Durch seine Erfahrungen und Erlebnisse im Gesundheitswesen haben sich über die Jahre zudem seine beruflichen Ziele verändert.
Nun qualifiziert sich Julian mit seinem HFH-Fernstudium weiter, um langfristig seinen Wunschberuf ausüben zu können. Seine Bachelorarbeit in Gesundheits- und Sozialmanagement hat er eingereicht, nun startet er seit Jahresbeginn 2023 mit seinem letzten „Puzzlestück“ durch: dem Master Berufspädagogik.
In unserem Interview verrät euch Julian, warum er welches Berufsziel verfolgt, wie er sich nicht aus der Ruhe bringen lässt und was ihm persönlich während seines Studiums besonders geholfen hat.
Julian, zuallererst, wie würdest du dich selbst beschreiben?
Gelassen und lösungsorientiert. Das kommt daher, dass ich aus einem Berufsfeld komme, wo das Chaos eine wesentliche Rolle spielt. Was ich damit meine: Wenn ich mit dem Rettungswagen unterwegs bin, weiß ich nie, welche Situationen auf mich zukommen werden. Das heißt, ich muss mir immer zügig einen Überblick verschaffen, um dann gezielt nach Lösungen zu suchen.
Das hilft mir für mein Fernstudium insoweit, dass ich ruhig, strukturiert und ohne Angst in neue Situationen hineingehe.
Hattest du immer schon den Wunsch nach einem Studium?
Nein, der Gedanke an ein Studium hat sich bei mir erst in den letzten Jahren entwickelt. Und ich wusste zuerst auch gar nicht, dass ich mit meiner Fachoberschulreife überhaupt die Möglichkeit habe, zu studieren.
Welchen Weg hast du denn nach deiner Fachoberschulreife zuerst eingeschlagen?
Vorab kann ich sagen, dass ich keinen klassischen Weg gegangen bin. Angefangen habe ich vor über 10 Jahren mit einer Ausbildung zum Rettungssanitäter bei der Feuerwehr Mülheim an der Ruhr. Über die Zeit habe ich mich mit vielen verschiedenen Zusatzqualifikationen und Erfahrungen im Gesundheitswesen beruflich so weiterentwickelt, dass ich 2017 schließlich die Möglichkeit bekam, mein Staatsexamen zum Notfallsanitäter abzulegen.
Inzwischen habe ich als Notfallsanitäter die höchste nicht akademische medizinische Qualifikation im Rettungsdienst und arbeite in Teilzeit in einer Zentralen Notaufnahme in der Patientenversorgung als auch in einer Geriatrie-Abteilung. Letztere hat den Fokus auf der Behandlung von älteren Menschen.
Zudem teile ich gerne meine Erfahrungen als Freiberufler, z.B. bei Fort- und Weiterbildungsangeboten für Mitarbeiter:innen des Rettungsdienstes oder für Pflegekräfte.
Du stehst also mit beiden Beinen im Berufsleben. Was hat dich zu einem Studium neben deinen beruflichen Tätigkeiten motiviert?
Ich habe durch meine vielen Erfahrungen und unterschiedlichen Anstellungen im Gesundheitssystem viel gesehen und erlebt. Es ist kein Geheimnis, dass in diesem System viel Optimierungsbedarf besteht und es eine große Unzufriedenheit gibt. Schnell wird Kritik laut, oftmals wird über schlecht ausgebildetes Personal geschimpft.
Also habe ich mich gefragt: Wie kann ich zum einen das System und seine Entscheidungsprozesse, also das „große Ganze“, besser verstehen? Und wie erhalte ich eine entsprechende Profession, dass ich langfristig nachfolgende Fachkräfte ausbilden kann?
Ein Studium lag da nahe und Dank des flexiblen HFH-Fernstudienkonzepts konnte ich mir auch vorstellen, ein Studium neben meinen beruflichen Tätigkeiten leisten zu können.
Inwieweit hat dir die HFH geholfen, die Studiengänge für dich zu finden, die zu deinen Wünschen passen?
In persönlichen Beratungsterminen wurde schnell klar, dass ich mit meinen Interessen und Qualifikationen, grob gesagt, zwischen den beiden Richtungen Management und Lehre schwankte: In diesem Falle der Bachelor Berufspädagogik für Gesundheitsfachberufe oder der Bachelor Gesundheits- und Sozialmanagement.
Letztendlich kann man sagen, dass ich mich für eine Kombination aus beidem entschieden habe, denn mir wurde erklärt, dass ich nach dem Bachelor im Management die Möglichkeit habe, den Master in Berufspädagogik anzuschließen.
Das heißt, auf welches berufliche Ziel arbeitest du mit deinem Bachelor Gesundheits- und Sozialmanagement und dem Master Berufspädagogik hin?
Es war und ist nicht mein Ziel, in klassische Führungspositionen der Patientenversorgung im Krankenhaus zu gehen, sondern mein Ziel ist es, als Berufspädagoge Personal im Gesundheitswesen ausbilden zu dürfen.
Meine Hoffnung ist, dass ich zukünftig als Berufspädagoge einen positiven Einfluss auf die nachkommenden Fachkräfte haben werde, indem ich mein Wissen und meine Erfahrungen aus dem Rettungsdienst, der Notaufnahme und letztendlich auch aus meinem Studium weitergeben kann. Ich bin zuversichtlich, dass ich dort etwas bewirken kann, wenigstens „im Kleinen“.
War dein Bachelor Gesundheits- und Sozialmanagement rückblickend so, wie du ihn dir vorgestellt hast? Was hast du besonders geschätzt?
Fachlich hat mich der Bachelor auf jeden Fall überzeugt.
Besonders habe ich die Präsenzveranstaltungen und auch den Austausch mit den Lehrbeauftragten sowie mit meinen Mitstudierenden sehr zu schätzen gelernt: In meinem „Heimat“- Studienzentrum Essen kamen Studierende aus unterschiedlichen Berufsgruppen zusammen, beispielsweise ein Leiter eines Kindergartens, jemand aus einer Physiopraxis, ich aus dem Rettungsdienst usw. So haben wir die Inhalte aus dem Selbststudium aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten können – in diesem Austausch steckte und steckt einfach so viel Potential!
Mir als absoluter Praktiker hätte ohne diesen Austausch definitiv etwas gefehlt.
Was empfiehlst du Interessierten, die sich noch nicht sicher sind, ob sie ein Fernstudium machen sollen oder nicht?
Mir persönlich haben die Beratungstermine sehr geholfen, damit ich mir ein grobes Bild darüber verschaffen konnte, ob die Ziele der einzelnen Studiengänge auch mit meinen persönlichen Zielen übereinstimmen. Denn es bringt beispielsweise nichts, wenn man etwas studiert, das erstrangig auf eine Leitungsposition abzielt und man aber eigentlich gar nicht der Typ dafür ist.
Zudem sollte man seine Ressourcen kennen: Habe ich die finanziellen Mittel für ein Fernstudium? Wenn nicht, welche Möglichkeiten habe ich zur Unterstützung? Eine Bewerbung um ein Stipendium beispielsweise kann sich lohnen. Habe ich die zeitlichen Kapazitäten neben meinem Job? Damit meine ich nicht nur Zeit für das Lernen, sondern auch für die Teilnahme an Prüfungen und Präsensveranstaltungen.
Und auch ganz wichtig: Welche Unterstützung bekomme ich von meiner Partnerin bzw. meinem Partner und/oder der Familie bzw. von Freunden?
Hast du zu irgendeinem Zeitpunkt gezweifelt, ob du den Bachelor schaffst oder nicht?
Ob man ein Studium vom Kopf her leisten kann, das würde ich sagen, merkt man erst im Laufe der Zeit. Ich bin ganz ehrlich: Meine erste Prüfung war nicht sonderlich gut und ich habe mich manchmal gefühlt wie ein Kraken, weil ich so vieles parallel managen musste.
Aber inzwischen habe ich einen sehr guten Durchschnitt, weil ich weiß, wofür ich es mache und weil ich meine Prioritäten für mich gezielt und lösungsorientiert verteilt habe.
Natürlich ist der Bachelor auch ein Abenteuer für mich gewesen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die HFH ein guter Partner ist, wenn ich weiß, was ich will. Deshalb blicke ich nun auch optimistisch auf meinen Master.
Welchen Tipp hast du abschließend für bereits Studierende der HFH?
Vernetzt euch! Gerade zum strukturierten „Ankommen“ im Fernstudium hat mir das besonders geholfen.
Ich hatte das Glück, dass zeitgleich auch meine Freundin sowie eine gemeinsame Freundin angefangen haben mit dem Bachelor Gesundheits- und Sozialmanagement.
Mal davon abgesehen, dass man sich gegenseitig mental unterstützt hat, konnten wir uns super über Themen austauschen und diskutieren, denn wir alle drei haben unterschiedliche Backgrounds: Meine Freundin ist Krankenschwester und unsere Freundin kommt aus dem Bereich der Kinderkrankenpflege. So habe ich auch Einblicke in für mich fremde Themengebiete erhalten, die die Mädels beispielsweise in ihren individuellen Hausarbeiten bearbeitet haben.
Und ganz nebenbei: Wenn drei Köpfe mitdenken, vergisst man beispielsweise auch keine Anmeldung für Prüfungen oder Ähnliches!
Vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrungen, Julian. Für deinen Master wünschen wir dir natürlich alles Gute!
Das Interview führte unsere Redakteurin Katharina Späth.