Alina Vielhaber
„Für die Zukunft habe ich große Pläne!“
Alina Vielhaber zeigt, dass Durchhaltevermögen und Kampfgeist auch die unwahrscheinlichsten Träume wahr werden lassen können.
2019 beginnt Alina Vielhaber neben ihrer Ausbildung zur Ergotherapeutin ihr Bachelorstudium in Therapie- und Pflegewissenschaften mit dem Schwerpunkt Ergotherapie. Diese ist nicht nur einfach ein Beruf für sie, sondern eine Leidenschaft.
Und so reicht es ihr nicht, in dem Beruf zu arbeiten, sie möchte auch die Dinge voranbringen, lernen und Wissen anwenden. Das führte sie schon 2021 nach ihrer Ausbildung in die USA, um dort als Ergotherapeutin zu arbeiten.
In ihren gut eineinhalb Jahren dort sah sie, wie weit und innovativ die Ergotherapie in den USA bereits ist und träumt seitdem davon, dass der Stellenwert ihres Faches auch hier in Deutschland ein ähnliches Niveau erreicht.
Wie sie selbst dazu beitragen will und wie das HFH-Fernstudium sie dabei ihrem Ziel näherbringen konnte, erzählt sie uns in diesem Interview.
Alina, hallo. Erzähl doch gern einmal zum Einstieg, wie du deine Leidenschaft für die Ergotherapie entdeckt hast.
Nach Abschluss meines Fachabiturs im Bereich Gesundheit und Soziales habe ich ein Jahr lang Erfahrung in der Pflege gesammelt. Während dieser Zeit lernte ich den intensiven Umgang mit Menschen kennen und entwickelte eine tiefe Leidenschaft für die Arbeit mit ihnen.
Trotzdem spürte ich, dass mir etwas fehlte, und dann stieß ich auf die Ergotherapie. Die Entscheidung, Ergotherapeutin zu werden, fiel mir total leicht und bis heute bereue ich sie nicht.
Was genau ist es, dass dir dabei so viel Freude macht?
Die Ergotherapie fühlt sich an, als wäre sie maßgeschneidert für mich. Die Möglichkeit, Menschen dabei zu unterstützen, wieder in ihren Alltag zurückzufinden, betrachte ich als eine bedeutende Lebensaufgabe, der ich mich jeden Tag widme.
Sie ist außerdem so vielseitig. Während meiner Ausbildung hatte ich das Glück, tolle Lehrkräfte zu haben und den Beruf in all seinen Facetten kennenzulernen. Durch viele Praxiseinsätze in verschiedenen Fachbereichen der Ergotherapie erlangte ich Einblicke, die mir halfen, den Beruf in allen Settings kennen zu lernen.
Gibt es etwas, was dich dabei besonders interessiert?
Ja. Die Neurologie war schon immer ein sehr spannender und interessanter Bereich für mich. In ihr habe ich mich auch spezialisiert. Besonders der Bereich Neurorehabilitation interessiert mich. Meine Bachelorarbeit habe ich beispielsweise zum Thema „Anwendung von Virtual Reality in der Behandlung mit Morbus-Parkinson-Klient:innen“ geschrieben.
VR in der Pflege? Kannst du ein bisschen mehr dazu erzählen?
Gern. Die Idee zu meiner Arbeit entstand tatsächlich auf recht unkonventionelle Weise, als ich die VR-Brille meines Cousins ausprobierte. Die Vorstellung, wie diese Technologie therapeutisch eingesetzt werden könnte, hat mich sofort fasziniert.
In meiner Bachelorarbeit habe ich mich dann darauf konzentriert, die Nutzung von Virtual Reality im Bereich der ergotherapeutischen Interventionen zu untersuchen. Ich habe allgemein erörtert, wie und wieso VR sowohl körperliche Funktionen als auch die Durchführung von Aktivitäten des täglichen Lebens und damit die Lebensqualität der Betroffenen verbessern kann.
Die VR-Brille habe ich dann anschließend als zukunftsorientierten Ansatz in diesem Kontext eingebaut.
Und das Ganze hast du nicht nur theoretisch untersucht, du hast diesen Therapieansatz auch in der Klinik, in der du arbeitest, eingeführt, oder?
Ja. Durch Recherche stieß ich auf eine Firma, die VR-Brillen speziell für neurologische Krankheitsbilder entwickelt und war begeistert von den Möglichkeiten. Ich habe diese Firma in unsere Klinik eingeladen und alle dort waren sofort total fasziniert von dem Angebot.
Es war ein spannender Prozess, die Firma mit unserer Klinik zusammenzubringen und die VR-Brille in unseren Therapieansatz zu integrieren. Die Offenheit unserer Klinik für neue Technologien hat dabei enorm geholfen.
Und es ist großartig zu sehen, dass die VR-Brille bereits so vielen Patient:innen, sowohl mit Parkinson als auch nach einem Schlaganfall, geholfen hat, ihre körperlichen Funktionen zu verbessern.
Das klingt sehr innovativ. Und nach einem großen Aufwand. Da war doch sicher wenig Zeit für Privates übrig, oder? Wie hast du es geschafft, Arbeit, Studium und Privatleben unter einen Hut zu bekommen?
Durch ein effektives Zeitmanagement. Ich kann relativ viele Belastungen gleichzeitig bewältigen und habe während des Studiums gelernt, Prioritäten zu setzen und meine Zeit effizient zu nutzen.
Es erforderte manchmal Überwindung, abends nach einem langen Arbeitstag noch an den Studienunterlagen zu arbeiten, aber ich habe immer einen Weg gefunden, es zu schaffen.
Meine Familie hat mich während dieser Zeit auch immer unterstützt. Und auch mein soziales Umfeld, das viele Studierende umfasste, hat mir zusätzliche Motivation und Verständnis entgegengebracht.
Und obwohl das duale Studium zweifellos eine Doppelbelastung darstellt, habe ich darauf geachtet, meine Freizeit und mein soziales Leben nicht zu vernachlässigen. Es war eine Herausforderung, aber letztendlich eine lohnende Erfahrung.
Dann bereust du also auch nicht, ein Fernstudium neben der Ausbildung aufgenommen zu haben?
Nein, mir war ja bewusst, dass es viel Arbeit bedeuten würde, neben meiner Ausbildung und später meinem Beruf zu studieren. Aber ich war entschlossen, diese Herausforderung anzunehmen.
Wieso wolltest du diese Herausforderung unbedingt annehmen?
Durch das Fernstudium konnte ich den Beruf nicht nur praktisch, sondern auch wissenschaftlich durchleuchten. Ich verspürte den Wunsch, noch tiefer in meinen Beruf einzutauchen. Ich wollte die theoretischen Grundlagen und wissenschaftlichen Hintergründe hinter den Methoden und Modellen, die wir in der Ergotherapie verwenden, verstehen.
Ich fragte mich beispielsweise, woher bestimmte Leitfäden und Modelle stammten und wie sie durch intensivere Forschung unterstützt wurden. Welche Erkenntnisse und Evidenzen liegen der Ergotherapie zugrunde und welche Bereiche sind noch unerforscht? Diese Fragen faszinierten mich.
Und wieso hast du ausgerechnet die HFH für dein Studium gewählt?
Die HFH kooperierte bereits während meiner Ausbildung eng mit meiner Ausbildungsschule. Dadurch wurde ich von Anfang an mit der HFH vertraut gemacht und erhielt Empfehlungen von meinen Lehrer:innen und derzeitigen Studierenden an der HFH. Nachdem ich mich ausführlich informiert hatte, traf ich zusammen mit einer Freundin und einigen Klassenkamerad:innen die Entscheidung für die HFH.
Mir gefiel besonders das Angebot der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Berufsfeldern. Außerdem sprachen mich die verschiedenen Module der HFH an, die trotz ihrer Vielfalt stets auf meinen spezifischen Beruf ausgerichtet waren.
Diese Kombination aus praxisnahen Inhalten und interdisziplinärer Ausrichtung hat mich überzeugt und meinen Lernweg positiv beeinflusst.
Inwieweit positiv beeinflusst?
Wir Studierenden erhielten Einblicke in verschiedene Berufsfelder und lernten viel über die wissenschaftlichen Hintergründe anderer Professionen.
Besonders spannend fand ich auch die Möglichkeit, in verschiedenen Feldern zu forschen, wie zum Beispiel in meiner ersten Hausarbeit über das Thema Organspende. Uns Studierenden wurde ermöglicht, viele gesundheits- und berufsspezifische Bereiche zu verschiedensten Themen zu erkunden.
Und wie hast du das Studium an der HFH sonst so erlebt?
Meine Erfahrungen mit dem HFH-Fernstudium waren äußerst positiv.
Das Lehrangebot war gut strukturiert und ließ sich gut in meinen Zeitplan integrieren, insbesondere mit den Vorlesungen am Abend. Die Studienbriefe waren gut aufgebaut und vermittelten die Inhalte strukturiert, was dem Studium eine klare Richtung gab.
Besonders viel Spaß hat mir das Modul "Wissenschaftliches Arbeiten" gemacht. Dort lernten wir, wie man Studien auswertet und bewertet und wie wissenschaftliche Erkenntnisse in unserem Beruf entstehen. Diese Fähigkeiten waren äußerst hilfreich für die Vorbereitung meiner Bachelorarbeit.
Insgesamt fühlte ich mich sehr gut auf die verschiedenen Phasen des Studiums vorbereitet, da die Module zur richtigen Zeit angeboten wurden und sich gut ergänzten. Und auch die Lehrkräfte und Professor:innen waren sehr hilfsbereit und unterstützend.
Gab es denn auch etwas, das dir schwergefallen ist oder das du dir anders gewünscht hättest im Studium?
Eine Herausforderung war die Umstellung auf das Online-Lernen. Der Unterricht in Präsenz hat mir besonders viel Spaß gemacht und war eine motivierende Komponente. Während der COVID-19-Pandemie musste dann auf Online-Unterricht umgestellt werden. Da gab es auch Momente, in denen ich mir gewünscht hätte, dass bestimmte Informationen klarer kommuniziert worden wären oder dass der Ablauf bestimmter Module besser strukturiert gewesen wäre.
Aber ich habe mich daran gewöhnt und weiterhin mein Bestes gegeben. Und die Kommunikation mit den Lehrenden und dem Studiengangsbetreuungsteam war meist effektiv und wir konnten auftretende Probleme oder Unklarheiten erfolgreich lösen.
Eine weitere Herausforderung war die Eigenmotivation, besonders nach langen und anstrengenden Arbeitstagen. Es erforderte Disziplin und Durchhaltevermögen, mich selbst zu motivieren und mich dazu zu bringen, mich auf das Studium zu konzentrieren.
Wie hast du es dann geschafft, dich zu motivieren? Hast du vielleicht Tipps für andere Studierende oder Studieninteressierte?
Im Studium hat mir vor allem eine strukturierte Planung geholfen. Ich nutzte einen Terminplaner und ein kleines Notizbuch, um Deadlines festzuhalten und mir klare Ziele zu setzen. Ich plante meine Lernzeiten genau und belohnte mich mit kleinen Pausen oder Freizeitaktivitäten, um die Motivation hochzuhalten. Und besonders an Tagen mit Vorlesungen versuchte ich den vorherigen Tag früh ins Bett zu gehen, um abends länger durchhalten zu können.
Da waren eine gute Organisation und ein effizientes Zeitmanagement entscheidend, um meinen Alltag, mein soziales Leben und das Studium in Balance zu halten.
Mein Tipp für andere Studierende ist daher, einen soliden Plan zu erstellen und sich konsequent daran zu halten. Außerdem hilft es, sich zu vernetzen.
Ich habe viel mit anderen Studierenden gemeinsam gelernt. Das war nicht nur hilfreich, um die Inhalte zu vertiefen, sondern auch motivierend. Es ist wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen und sich über Erfolge auszutauschen.
Das hat bei dir ja auch mit großem Erfolg geklappt! Jetzt, mit deinem Bachelor in der Tasche: Was nimmst du rückblickend noch aus dem HFH-Fernstudium mit?
Das Studium an der HFH hat mich auf eine Reise der persönlichen und beruflichen Entwicklung geführt, die mich enorm bereichert hat.
Es hat mir eine neue Perspektive eröffnet, die es mir ermöglicht hat, über den Tellerrand meines bisherigen Wissens hinauszublicken. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, den wissenschaftlichen Hintergrund meines Berufes zu verstehen, da er die Grundlage für viele unserer therapeutischen Ansätze bildet. Ohne die Wissenschaft gäbe es viele der Fortschritte und Innovationen in meinem Berufsfeld nicht, daher hat das Studium meine Wertschätzung für die Bedeutung der Forschung und Wissenschaft in der Ergotherapie weiter gesteigert.
Darüber hinaus hat mich das Studium dazu inspiriert, mich kontinuierlich weiterzuentwickeln und mein Fachwissen zu vertiefen. Es hat mir die Werkzeuge und Fähigkeiten vermittelt, um fundierte Entscheidungen zu treffen und meine Praxis auf dem neuesten Stand der Forschung zu halten.
Ohne dieses Studium wäre ich nicht dort, wo ich heute bin. Insbesondere auf dem Weg zu meinem Interesse an Forschung und wissenschaftlicher Durchdringung meines Berufsfeldes.
Das ist schön zu hören und klingt so, als wäre der Bachelor für dich erst der Startschuss gewesen. Wie sind deine Pläne für die Zukunft?
Für die Zukunft habe ich große Pläne, insbesondere im Bereich der ergotherapeutischen Forschung.
Ich habe immer davon geträumt, dass die Ergotherapie hier denselben Stellenwert hat wie in den USA, besonders im Bereich der Neurorehabilitation mit robotergestützten Therapien und anderen innovativen Ansätzen.
Daher habe ich mich seit letztem Jahr auf den fast unmöglichen Prozess eingelassen, mich an Elite-Universitäten in den USA zu bewerben, wo die Aufnahmechancen für internationale Studierende sehr gering sind.
Der Bewerbungsprozess war eine immense Herausforderung, der viel Arbeit und Durchhaltevermögen erforderte. Ich habe viele Nächte durchgearbeitet und ein Doppelleben neben meinem Vollzeitjob geführt. Der Prozess war intensiv und erforderte Überzeugungskraft, um sich von den besten Bewerbern weltweit abzuheben. Am Ende wurde ich von allen sieben Elite-Universitäten angenommen, was ich nie für möglich gehalten hätte.
Herzlichen Glückwunsch! Dann gehst du also bald in die USA?!
Ja, im Juli dieses Jahres werde ich an die Universität in Pittsburgh gehen und dort meinen Master absolvieren. Dort werde ich genau die Fähigkeiten und Kenntnisse in der ergotherapeutischen Forschung erlernen, die ich mir erhoffe.
Vielleicht kann ich von diesem Wissen auch eines Tages etwas hier in Deutschland einführen. Ich bin definitiv nervös und habe großen Respekt vor diesem Schritt. Aber ich bin auch überzeugt, dass ich es schaffen werde. Es ist eine unglaubliche Chance, die ich voller Dankbarkeit und Vorfreude annehme.
Dafür wünschen wir dir viel Erfolg! Vielen Dank für dieses sehr spannende Interview und alles Gute für deinen weiteren Weg, Alina!
Das Interview führte unsere Redakteurin Mareike Bock.
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