Orientierungswissen

Was ist ein Bachelor Professional?

Thomas Graf
Junger Mann in Werkstatt arbeitet mit Tablet.

Wahrscheinlich habt ihr schon von der Abschlussbezeichnung „Bachelor Professional“ gehört. Sie ist, wie auch der „Master Professional“, eine noch relativ neue Bezeichnung, die seit 2020 für berufliche Abschlüsse vergeben wird.

Zwar klingen sie ähnlich und sind sogar rechtlich gleichwertig zu den bekannten akademischen Bachelor- und Mastergraden, also z. B. „Bachelor of Arts“ oder „Bachelor of Science“.

Aber Achtung: Gleichwertig heißt nicht identisch. Die beruflichen unterscheiden sich von den akademischen Abschlüssen – und zwar wesentlich.

Worin diese Unterschiede liegen? Vor allem in den vermittelten Inhalten und in der Art des Wissens, das ihr erwerbt – und damit letztlich auch in der Art der Aufgaben, die ihr anschließend bearbeiten und bewältigen könnt. Betrachten wir in den folgenden Unterpunkten einmal die Details:
 

Inhalt

Akademisch oder nicht akademisch?
Wofür steht "Professional"?
Abkürzungen für Bachelor und Master Professional
Abschlüsse sind rechtlich gleichwertig
Warnung vor Verwechslungsgefahr
Gleichwertig aber nicht identisch
Hochschulstudium geht über Praxiswissen hinaus
Studium: Die Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens lernen
Nachweis wissenschaftlicher Fähigkeiten
Fazit: Kein Ersatz für ein Studium

Bachelor und Master: akademisch oder nicht akademisch?

Genau das ist hier die Frage – und auch schon Teil der Antwort. Um sie besser zu verstehen, gehen wir kurz ins Jahr 2002 zurück und reisen nach Bologna:

Damals trat nach Abschluss des sog. „Bologna-Prozesses“, der u.a. die internationale Vergleichbarkeit von Studiengängen und -abschlüssen zum Ziel hatte, eine entscheidende Änderung des deutschen Hochschulrahmengesetzes in Kraft.

Bachelor und Master sind seitdem die gültigen und inzwischen allseits bekannten Abschlussbezeichnungen für Hochschulabsolvent:innen. Mit der Gesetzesänderung hatten sie die bis dato verwendeten akademische Grade wie Diplom oder Magister abgelöst.

Wofür stehen die neueren Zusätze „Professional“?

Die heute zusätzlich existierenden Titel Bachelor Professional und Master Professional wurden erst 2020 eingeführt – im Zuge der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) als nicht akademische Abschlüsse.

Seitdem werden in Deutschland Bachelor und Master Professional, die umgangssprachlich auch als „Berufsbachelor“ oder „Berufsmaster“ bezeichnet werden, von den Industrie- und Handelskammern (IHK) und den Handwerkskammern nach bestandener Prüfung vergeben. Sie sind nun offizielle Abschlussbezeichnung in der sogenannten Höherqualifizierenden Berufsbildung.

Dem Bachelor Professional werden dabei z. B. der Meister:innen-Titel im Handwerk oder der Fachwirt:innen-Titel der IHK zugeordnet. Dem Master Professional wiederum entsprechen der z.B. Abschluss Geprüfter Betriebswirt oder der Titel Berufspädagogin / Berufspädagoge.

Wie werden Bachelor Professional und Master Professional abgekürzt?

Wohl aufgrund der Tatsache, dass die Einführung der beiden Begriffe noch relativ neu ist, scheint eine klare oder gar rechtlich bindende Einigung auf entsprechende Abkürzung der Titel Bachelor Professional und Master Professional noch nicht gegeben.

Während Wikipedia mit Quellenverweis auf die österreichische Universität für Weiterbildung Kems Abkürzungen wie B.Pro., B.Prof., B.Pr. und B.P. für den Bachelor Professional auflistet und beim Master Professional äquivalent verfährt, finden sich etliche davon abweichende Hinweise, die zeigen, wie in der Praxis aktuell damit umgegangen wird.

In Handwerksberufen gibt etwa der Zentralverband des Deutschen Handwerks eine (nicht bindende) Empfehlung, nach der die Bezeichnung des entsprechenden Handwerks dem Titel angeschlossen wird.

Wer eine Meisterprüfung im Handwerk abgelegt hat, darf den Titel Bachelor Professional ergänzend führen. Das wird in der Regel durch einen entsprechenden konkreten Zusatz praktiziert, der den Handwerksbereich benennt, etwa „Bachelor Professional im Tischlerhandwerk“. Gelebte Praxis (aber ebenfalls nicht gesetzlich geregelt) für Meister ihres Berufs ist zudem die schon länger gebräuchliche Verwendung Abkürzung „me.“

Im Bereich der Industrie und des Handels wiederum wird ähnlich verfahren und eine konkretisierende Bezeichnung der Fachwirtbezeichnung nach dem Titel Bachelor oder Master Professional angehängt. So kann man heute auf Bezeichnungen wie „Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung“ stoßen, den etwa Geprüfte Bilanzbuchhalter:innen in der Praxis nutzen.

Für englische Übersetzungen wiederum verwenden die Industrie- und Handelskammern (IHK) als Zusatz ihre englische Übersetzung „CCI“, was für „Chamber of Commerce and Industry“ steht.  Im Englischen wird dann entsprechend ergänzt, auch, um die Unterschiedlichkeit von IHK-Abschlüssen und Hochschulabschlüssen zu kennzeichnen. Entsprechend lauten die Titel dann „Bachelor Professional (CCI) und „Master Professional (CCI)“ (eine Liste mit Übersetzungshilfen für IHK-Fortbildungsprüfungen findet sich z. B. auf der Seite der IHK Nord Westfalen (PDF-Download).

Schaubild akademische Abschlüsse

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2021. Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn 2021, S. 360. Online-Quelle (PDF) (abgerufen am 09.03.2022)

Die Abschlüsse sind rechtlich gleichwertig

Zur Einordnung ist der „Deutscher Qualifikationsrahmen“ (DQR) hilfreich. Der DQR ist ein Instrument des Bundesbildungsministeriums und der Kultusministerkonferenz, das durch die Einordnung von Qualifikationen für mehr Transparenz und eine bessere Orientierung sorgen soll.

Es definiert acht Niveaus im deutschen Bildungssystem, die wiederum den Niveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) entsprechen. Das soll auch hier die internationale Vergleichbarkeit verbessern.

Wichtig an dieser Stelle ist vor allem die Frage, wo Bachelor und Master eingeordnet werden (und zwar die akademischen UND die beruflichen).

Die folgende Darstellung in der Veröffentlichung des Bundesinstituts für Berufsbildung zeigt uns, dass die

  • Bachelor-Grade der Niveaustufe 6 und die
  • Master-Grade der Niveaustufe 7 zugeordnet werden.

Anhand dieser Zuordnung seht ihr, dass die Abschlüsse der höherqualifizierenden Berufsbildung und die Hochschulabschlüsse, die auf der gleichen Niveaustufe liegen, als (rechtlich) gleichwertig angesehen werden.

Hochschulen warnten früh vor Verwechslungsgefahr

Der gesamte Prozess dieser Begriffseinführung lief keineswegs reibungslos ab; vielmehr stieß das Vorhaben, diese Bezeichnungen als neue Begriffe für Fachwirte und Handwerksmeister einzuführen, zunächst auf Widerspruch der Kultusministerkonferenz und des Bundesbildungsministeriums.

Auch Universitäten und andere Hochschulen wandten sich dagegen, einige warnten eindringlich vor Verwechslungsgefahr. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) beispielsweise übten in einer gemeinsamen Stellungnahme Kritik in diese Richtung. 

„Gleichwertig heißt nicht identisch“

Die Kontroversen im Vorfeld zeigen ganz gut, was befürchtet wurde – nämlich ein hohes Maß an Verwirrung. HRK-Präsident Prof. Peter-André Alt brachte die Bedenken in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung auf die griffige Formel „Gleichwertig heißt nicht identisch“.

Er formulierte damit die Sorge, bestehende Unterschiede würden verwischt: „In der Berufsbildung hat die Praxis das Übergewicht, in der Hochschulbildung die Theorie.“

Schauen wir also genauer, was die akademischen Bachelor und Master auszeichnet.

Ein Hochschulstudium geht über das praxisbezogene Fachwissen hinaus

Natürlich bestätigen wissenschaftliche Bachelor- und Mastergrade, dass ihr als Hochschulabsolvent:in auch über großes Fachwissen in eurem konkreten Berufsfeld verfügt.

Im Hochschulstudium allerdings bleibt dieses Wissen nie auf die praktischen Anwendungskenntnisse beschränkt, die ihr täglich im Beruf braucht. Es bringt – auch wenn es bewusst praxisnah und anwendungsorientiert ist – immer ein höheres Maß an theoretischem Wissen ins Spiel, als das bei einer rein beruflichen Ausbildung der Fall und auch notwendig ist.

Jedes akademische Studium geht also grundsätzlich über das rein praxisbezogene fachliche Wissen hinaus. Es vermittelt theoretisches Wissen sowie übergeordnete Kompetenzen, die allgemeiner anwendbar und auf andere Sachverhalte übertragbar sind.

Im Studium lernt man die Prinzipien des wissenschaftlichen Arbeitens

Das Wesentliche, das ihr im Studium lernt, ist etwas, das über das konkrete Fachwissen zu einem bestimmten Thema hinausgeht: nämlich die Kompetenz des Wissenschaftlichen Arbeitens selbst.

Ein wissenschaftlicher Bachelorabschluss bestätigt, dass ihr gelernt hab, wie ihr durch wissenschaftliche Herangehensweisen Herausforderungen und Probleme erkennen, bearbeiten und lösen könnt.

Ganz konkret: Wenn eine Hochschule euch einen akademischen Abschluss verleiht, bestätigt sie damit, dass ihr folgende Dinge gelernt habt und sicher beherrscht:

  • wissenschaftlich fundiert zu arbeiten und eure Aussagen „abzusichern“,
  • wissenschaftliche (Forschungs-)Methoden anzuwenden, um Erkenntnisse zu gewinnen,
  • andere Standpunkte zu erfassen und sie gegen eure eigenen Positionen systematisch abzuwägen,
  • euch selbstständig und strukturiert neues Fachwissen anzueignen und
  • dieses wissenschaftliche Fachwissen dann auch in die Praxis zu übertragen und anzuwenden.

Akademische Abschlüsse weisen wissenschaftliche Fähigkeiten nach

Alle akademische Bachelor- und Masterabschlüsse weisen also grundsätzlich die wissenschaftlichen Fähigkeiten der Absolvent:innen nach.

Gleichzeitig ist aber auch Praxisnähe ein elementarer Bestandteil moderner Hochschulen und Studiengänge. Es geht also auch immer um den Transfer des erworbenen Wissens in die berufliche oder unternehmerische Praxis.

Alle Studiengänge sind daher so angelegt, dass sie akademisches Wissen und nützliche Kompetenzen liefern, die ihr direkt im Job einsetzen könnt und die euch zur Lösung auch komplexerer Probleme befähigen.

Dafür wird im Hochschulstudium z. B. besonderer Wert auf die Entwicklung eines reflexiven Selbstverständnisses gelegt und der Blick über den fachlichen Tellerrand gefördert.

Das ist entscheidend, damit ihr nicht nur mit „euresgleichen“, sondern auch mit Expert:innen aus anderen fachlichen Bereichen interdisziplinär zusammenarbeiten könnt.

Fazit:  Bachelor Professional ist kein Ersatz für ein Studium.

Zurück zu Bachelor und Master „Professional“: Wenn ihr eine berufliche Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und dafür einen „Bachelor Professional“ oder einen „Master Professional“ verliehen bekommen habt, gibt es weiterhin mehr als genug Gründe, ein wissenschaftliches Studium obendrauf zu satteln.

Auch wenn die sehr ähnliche Bezeichnung die Unterschiedlichkeit der Abschlüsse etwas verschleiert, ist klar, dass der Bachelor Professional ein rein beruflicher Abschluss ist, der inhaltlich wenig mit einem klassischen, akademischen Studium zu tun hat.

Und genau deshalb entscheiden sich qualifizierte Arbeitnehmer:innen auch weiterhin häufig dafür, zusätzlich zu studieren. Selbst wenn sie davor möglicherweise bereits einen Abschluss der höherqualifizierenden Berufsbildung, wie den Bachelor oder Master Professional erreicht haben.

Ein flexibles Fernstudium, das neben dem Beruf absolviert werden kann, ist damit eine ideale Ergänzung für Menschen, die schon gut ausgebildet sind und aktiv im Berufsleben stehen.

Denn das akademische Studium bietet eben nicht nur neue Erkenntnisse, Perspektiven und Sichtweisen auf berufliche Herausforderungen, sondern gibt euch neue universelle „Tools“ an die Hand:

Das vielzitierte „wissenschaftliche Handwerkzeugs“, mit dem sich selbst neue und unbekannte Probleme identifizieren, bearbeiten und lösen lassen.

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Thomas Graf
Redakteur