Wissenschaftliches Arbeiten

Themenfindung und Recherche für Hausarbeiten

Dr. Anja Segschneider
Frau tippt auf ihrem iPad

Für Viele bedeutet Hausarbeiten zu schreiben nichts anderes als die Angst vorm leeren Blatt. Woher bekomme ich mein Thema? Was sind meine Anhaltspunkte? Wo soll ich recherchieren? Wir können euch beruhigen. Denn mit ein paar einfachen Schritten verliert der blinkende Cursor in eurem Worddokument seinen Schrecken.

Grundsätzliche Fragen vorab

Jede wissenschaftliche Arbeit besteht aus einem Thema, einer Forschungsfrage, einem methodischen Vorgehen und der daraus folgenden Argumentation. All diese Teile hängen voneinander ab und sollten aufeinander Bezug nehmen.

Das bedeutet, wenn ihr die Argumentation ändert, solltet ihr auch die These anpassen. Wenn ihr am Thema dreht, müsst ihr auch die Forschungsfrage ändern.

Außerdem müsst ihr auch das Ziel eurer Arbeit klar formulieren. Dies ist gerade bei anwendungsorientierten Arbeiten wichtig. Möchtet ihr etwa Handlungsempfehlungen für ein Unternehmen/eine Branche entwickeln? Was wollt ihr erreichen?

Themenfindung

Themen für Hausarbeiten ergeben sich aus einem wissenschaftlichen Diskurs. Besteht in einem Bereich eine Forschungslücke? Gibt es neue Entwicklungen?

Themen von wissenschaftlichen Arbeiten im Bachelor und Master sollen eine eigenständige Leistung darstellen. Das kann etwa eine bisher unerforschte Fragestellung sein oder eine neue Perspektive auf eine bekannte Frage.

Aber keine Sorge: Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten im Bachelor- und Master sind natürlich keine Doktorarbeiten. Es geht eher darum zu zeigen, dass man die Methodik und das Seminarthema verstanden hat und in der Lage ist, wissenschaftlich korrekt zu arbeiten und Fachbegriffe richtig anzuwenden.

Eine völlig neue Forschungserkenntnis ist nicht nötig. Welche Ansprüche eure Dozentin oder euer Dozent an das Thema hat, solltet ihr direkt mit ihr oder ihm absprechen.

Seminarthemen

Eine gute Quelle für Hausarbeitsthemen sind die Module, die ihr belegt. Hat euch ein Thema besonders begeistert? Würdet ihr einer bestimmten Frage gern weiter nachgehen?

Geht auf der Suche nach Themen noch einmal eure Studienmaterialien durch und schaut, ob ihr aus einem der Punkte eine Hausarbeit machen könntet.

 

  • Von Dozent:innen vorgegeben

Manchmal geben Dozent:innen auch Hausarbeitsthemen vor. In diesem Fall ist die Abstimmung besonders wichtig, denn Dozent:innen haben üblicherweise eine grobe Vorstellung davon, wo die Reise hingehen sollte.

Daher ist es sinnvoll, auch einmal nach möglicher Literatur zu fragen. Aber Vorsicht: Ihr solltet nicht den Eindruck vermitteln, dass ihr euch die Arbeit abnehmen lassen möchtet! Daher bitte vorher schon selber recherchieren und dann mit einer bestehenden Literaturliste zu den Dozent:innen gehen. Die Liste könnt ihr dann gegebenenfalls gemeinsam ergänzen.

 

  • Vorrecherche

Bevor ihr euch auf ein Thema festlegt, solltet ihr euch zunächst einen Überblick über die vorhandene Literatur verschaffen. Denn ansonsten kann es euch durchaus passieren, dass ihr mitten in der Arbeit feststellt, dass es nicht ausreichend Quellen zu eurem Thema gibt.

Es ist zwar sinnvoll und wichtig, auch unerforschten Fragen nachzugehen. Für die Dauer einer Hausarbeit kann es jedoch zu Schwierigkeiten führen, wenn ihr die ganze Zeit nur damit beschäftigt seid, verzweifelt nach passender Literatur zu suchen.

Ein Überblick über den Forschungsstand ist außerdem auch wichtig, um eure Forschungsfrage zu konkretisieren. Dies ist kaum möglich, wenn ihr nicht wisst, wo genau der Knackpunkt bei einer bestimmten Thematik liegt.

 

  • Welche Quellen kann ich nutzen?

Quelle ist nicht gleich Quelle. Vor allem nicht im Internet. Grundsätzlich verwertbar ist in der Regel alles, was ihr über die Seiten von Universitäts- oder Hochschulbibliotheken findet.

Dazu gehören Fachbücher, Fachzeitschriften und Fachdatenbanken. Auch renommierte Nachrichtenseiten könnt ihr gelegentlich als Quelle heranziehen (etwa tagesschau.de). Danach wird es schon schwieriger.

Den Satz: „Finger weg von Wikipedia“ habt ihr sicherlich schon öfter gelesen. Und er trifft in Teilen zu. Grundsätzlich ist Wikipedia keine verlässliche Quelle. Nicht mal die Fußnoten in Wikipedia sind verlässlich, denn auch diese stammen mitunter aus dubiosen Webseiten.

Andererseits eignet sich Wikipedia als ein grober Überblick über ein Thema. Manchmal finden sich auch in Fußnoten Hinweise auf tatsächlich relevante Fachbücher oder -aufsätze. Nur, glaubt nicht alles, was in Wikipedia steht. Und bitte, bitte zitiert auf keinen Fall Wikipedia direkt. Das wäre dann das Ende einer Hausarbeit.

 

  • Primär- und Sekundärquellen

Einen wichtigen Unterschied gibt es auch zwischen Sekundär- und Primärquellen. Primärquellen sind der Originaltext. Zum Beispiel ist ein Gesetzestext, auf den ihr euch bezieht, eine Primärquelle. Sekundärquellen sind Texte über Texte.

Wenn also Autor X über das Gesetz schreibt und ihr dann Autors X Meinung zu dem Gesetz zitiert, und nicht das Gesetz selbst, zitiert ihr eine Sekundärquelle. Das solltet ihr vermeiden.

Grundsätzlich ist es immer besser, direkt die Primärquelle zu zitieren. Auch in der Recherche für eure Hausarbeiten solltet ihr möglichst mit Primärquellen arbeiten.

Sicherlich sind die Meinungen anderer Fachautoren zu einem Thema wichtig. Wenn ihr jedoch niemals in den Originaltext schaut, könnt ihr euch kein eigenes Bild dazu machen, ob die Ansichten der anderen zutreffen oder nicht.

Die Forschungsfrage einer Hausarbeit

Die Forschungsfrage grenzt das Thema ein. Sie hängt meistens mit einer These zusammen. Etwa: Vogelart A singt anders als Vogelart B. Die Forschungsfrage lautet dann: Singt Vogelart A anders als Vogelart B?

Diese Frage müsst ihr in der Hausarbeit methodisch untersuchen und im Ergebnis beantworten. Das bedeutet auch, dass ihr eure Forschungsfrage im letzten Abschnitt wieder aufgreift und eine Antwort dazu formuliert.

Eure Untersuchung solltet ihr übrigens, trotz Ausgangsthese, ergebnisoffen durchführen. Die These belegt oder wiederlegt ihr am Ende. Beides ist möglich.

  • Deduktiv

Das eben beschriebene Vorgehen ist deduktiv. Das bedeutet, dass ihr eine aufgestellte These überprüft.

  • Induktiv

Es gibt jedoch auch induktives Vorgehen. Hier gibt es zunächst nur eine Frage. Aus dieser entwickelt ihr durch eure Forschung dann erst die These.

 

Welches Vorgehen in eurem Fall am besten ist, solltet ihr mit euren Dozent:innen besprechen. Gerade in Abschlussarbeiten überwiegen jedoch im Allgemeinen deduktive Fragestellungen, da diese einfacher zu strukturieren sind.

Methodisches Vorgehen

Unter „Methode“ verstehen Natur- und Geisteswissenschaften Unterschiedliches. Während in der Naturwissenschaft die Methode ein konkretes Messverfahren oder Experiment umfassen kann, bedeutet sie in den Geisteswissenschaften, einen bestimmten Beobachtungsstandpunkt einzunehmen.

Beispielsweise wenden Geisteswissenschaftler eine bestimmte bereits in der Literatur bestehende Theorie oder ein Modell zur Analyse einer Fragestellung an.

In beiden Wissenschaftszweigen ergibt sich die Methode jedoch aus einer vorausgehenden Beobachtung und der daraus resultierenden These.

 

  • Gliederung

Wenn ihr erstmal einen Überblick über die Literatur habt und eure Forschungsfrage und These stehen, dann solltet ihr eine Gliederung festlegen, bevor ihr anfangt zu schreiben.

Es geht dabei gar nicht darum, dass ihr ein für alle Male die Reihenfolge eurer Argumente und Analyse festlegt. Seht die Gliederung eher als einen Überblick der wichtigsten Punkte an, die ihr abarbeiten wollt. Und auch diese resultieren, ihr ahnt es, aus der Recherche.

Habt ihr euer Thema eingegrenzt, solltet ihr noch einmal tiefer in die Literatur zu dieser speziellen Frage einsteigen. Dabei werdet ihr wichtige Punkte identifizieren, die ihr auf jeden Fall bearbeiten müsstet. Daraus entsteht dann auch eure Gliederung.

 

  • Mit Dozent:innen absprechen

Auch wenn eure Dozent:innen euer Hausarbeitsthema nicht vorgeben, solltet ihr euch immer mit ihnen absprechen. Das gilt sowohl für Literatur, Thema, Forschungsfrage und These.

Eure Dozent:innen haben einen besseren Überblick als ihr, was bei einem Thema funktioniert und was nicht und welche Knackpunkte es geben können. Sie können euch daher von Anfang an dezent in die richtige Richtung lenken.

Die meisten Dozent:innen sind auch bereit, über eure Gliederung zu sehen. Das kann überaus hilfreich sein, gerade dann, wenn sich die Gliederung im Laufe der Zeit ändert. Denn sie ist das Rückgrat eurer Hausarbeit. Mit ihr steht und fällt alles. Es lohnt sich also zumindest einmal nach Feedback zur Gliederung zu fragen.

Bei allen Hausarbeiten, für die ein Thema selbst angemeldet und vom Fachbereich genehmigt werden muss, und grundsätzlich bei allen Abschlussarbeiten, ist das an der HFH sogar Pflicht. Betreuer:innen müssen Gliederungsentwurf, Exposé und eine erste Literaturliste abzeichnen, bevor sich Studierende zur Prüfung anmelden können.

Nicht verzetteln

Es ist ziemlich einfach, sich bei der Recherche zu verzetteln. Schließlich wurden zu den meisten Themen bereits ganze Bibliotheken veröffentlicht. Doch wer immer weiter recherchiert und irgendwann mehr als 100 Quellen für eine einfache Hausarbeit gelesen, aber noch keinen Satz geschrieben hat, wird möglicherweise niemals fertig werden.

Daher: Verschafft euch einen Überblick, identifiziert die wichtigsten Texte und fangt dann an zu schreiben. Ihr könnt auch nach dem ersten Entwurf noch mehr Quellen erarbeiten. Dann müsst ihr euch aber keine Sorgen mehr machen, dass ihr vor lauter Recherche nicht mehr zum Schreiben kommt.

 

Und nun: viel Erfolg!

Anja Segschneider
Dr. Anja Segschneider
Redakteurin