News · 12.12.2022

Symposium: „Digitalisierung in der Altenpflege“

Fachleute diskutieren während eines wissenschaftliche Symposiums
Zum Thema "Digitalisierung in der Altenpflege" diskutierten Fachleute aus Wissenschaft und Praxis während eines hybriden Symposiums.

Austausch zu verschiedenen Aspekten der Digitalisierung in der Altenpflege: Die HFH · Hamburger Fern-Hochschule lud am 9. Dezember 2022 zusammen mit Management for Health INT zu einem hybriden Symposium mit Expert:innen aus Wissenschaft, Industrie, Pflege- und Gesundheitseinrichtungen ein.

Mit Vortragsimpulsen und im persönlichen Austausch diskutierten die Teilnehmenden die Zukunft der Branche mit Blick auf die vielfältigen Auswirkungen der Digitalisierung. Anlass war die Veröffentlichung des Buches „Digitalisierung in der Altenpflege“ der Autoren Ronald Deckert, Ingolf Rascher und Heinrich Recken. 

"Hohe ethische und rechtliche Anforderungen an die Versorgung"

In seinem Eröffnungsgrußwort wies der Präsident der HFH, Prof. Dr. Peter François, auf die Vorteile der Digitalisierung in der Altenpflege hin. Er hob den besonderen Charakter der Altenpflege und die hohen ethischen und rechtlichen Anforderungen an die Versorgung von Menschen mit Pflegebedarf hervor, die sich im Spannungsfeld einerseits der Notwendigkeit digitaler Unterstützung von Pflegearbeit, aber auch ihrer Grenzen im Hinblick auf die Berücksichtigung von Autonomie und Würde der Pflegeempfänger verdeutlichen.

Vortrag: „Rahmengebung, ausgewählte Modelle und Strategien“

Prof. Dr. Ronald Deckert, Dekan des Fachbereichs Technik der HFH, eröffnete in seinem Vortrag „Rahmengebung, ausgewählte Modelle und Strategien“ unterschiedliche theoretische Perspektiven auf den Gegenstand der Digitalisierung. So stellte er beispielsweise das KIEN-Modell zur Charakterisierung von Maßnahmen der Digitalisierung in einer Adaption auf die Altenpflege als MIEN-MODELL vor (zur Präsentation (PDF)).

"Im Rahmen einer strategischen Mensch-Maschine-Partnerschaft lassen sich vor allem auch die folgenden 7 Indikatorenbereiche angeben, an denen die Entwicklung und der Einsatz von digitalen Innovationen in der Altenpflege reflektiert werden soll: Sinngebung, Kontrolle, Teilhabe, Design, Interaktion, Vernetzung und Intelligenz", so Prof. Deckert.

Vortrag: „Digitalisierung in der Pflege – wo geht es hin?“

Heinrich Recken, Koordinator von Forschungsprojekten der HFH, stellte aus pflegewissenschaftlicher Sicht in seinem Beitrag „Digitalisierung in der Pflege – wo geht es hin?“ vor, dass sich die Welt in der Altenpflege durch digitale Arbeitsinstrumente verändert.

Bett-Sensorik, Spracherkennung in der Dokumentation, Augmented Reality-Datenbrillen zur Unterstützung von Pflegekräften aus der Ferne, digitale Kommunikationssysteme, digitale Touren- und Dienstplanung sowie Robotik wurden beispielhaft vorgestellt. Die Pflege als Dienstleistungs- und Interaktionsarbeit weise jedoch als spezifische Besonderheit die doppelte Handlungslogik auf, die pflegerisches Handeln nur in Grenzen standardisierbar macht, so Recken.

Vortrag: „Für welches Problem/für welche Aufgabe ist Digitalisierung die Lösung?“

Ingolf Rascher, Geschäftsführer der Management for Health INT, stellte in seinem Vortrag „Für welches Problem/für welche Aufgabe ist Digitalisierung die Lösung?“ insbesondere den geringen Grad an Digitalisierung in der Gesundheits- und Pflegebranche heraus.

Dies könne laut Rascher auch daran liegen, dass für Pflegeunternehmen eine Herausforderung darin besteht, die eigene Digitalisierungsfähigkeit zu identifizieren und umzusetzen und ein Vorgehensmodell zur Ermittlung, Bewertung und Umsetzung des Digitalisierungspotenzials meist fehlt. Digitalisierung könne nur ein Teil der Lösung sein, da Effekte nicht nur aus der Technik selbst entstehen, sondern ein funktionierendes System sich erst durch das Zusammenspiel aus Technologie, angepassten Arbeitsprozessen und -strukturen sowie dem nötigen Know-how bei den Beschäftigten ergebe. 

Vortrag: „Schmerzen bei Menschen mit Demenz – Aktuelles zum ewigen Thema“

Prof.in Dr. Erika Sirsch (Vinzenz Pallotti University Vallendar) stellte in ihrem Beitrag „Schmerzen bei Menschen mit Demenz – Aktuelles zum ewigen Thema“ auf der Basis eigener nationaler und internationaler Studien fest, dass in allen pflegerischen Versorgungsbereichen und allen beteiligten Berufsgruppen ein hohes Kompetenzdefizit zur Thematik besteht. Insbesondere wurde aber auch an der Erkennung des Pflegephänomens Schmerz die Begrenztheit der Nutzung digitaler diagnostischer Verfahren deutlich.  

Vortrag: „Digitalisierung in der Altenpflege – Aus der Praxis für die Praxis“

Björn Gorniak, Produktmanager der CONNEXT Communication zeigte in seinem Vortrag „Digitalisierung in der Altenpflege – Aus der Praxis für die Praxis“ exemplarisch am Beispiel der Medikation von der Bestellung über die Verabreichung bis zur Dokumentation auf, welche digitale Unterstützung der Prozesse bei einer Anwendung einer pflegerischen Software (Vivendi PD) möglich ist.

Diskussion: Wie kann ein Zukunftsprogramm für Praxis und Qualifizierung gelingen?

In der anschließenden Diskussion im Kreis der eingeladenen Expert:innen wurden insbesondere zwei Gesichtspunkte deutlich, um ein Zukunftsprogramm für die Praxis und die Qualifizierung zu etablieren:

  • Die Pflege- und Gesundheitseinrichtungen brauchen einen äußeren Input, um ihre Arbeits- und Geschäftsprozesse zu digitalisieren. Hierzu sind weitere öffentlich geförderte Forschungsprojekte notwendig, die im Dialog zwischen Wissenschaft, Pflege und Industrie organisiert sind.
  • Eine Qualifizierungsoffensive bezogen auf digitale Kompetenzen muss in der Aus-, Fort- und Weiterbildung gestartet werden - auch um die Attraktivität des Pflegeberufs für Schulabsolvent:innen zu erhöhen. Insbesondere muss die umfassende Akademisierung der pflegerischen Qualifikation vorangetrieben werden, um die Versorgungsqualität (Outcome) zu erhören. 
     

Ausblick: Weitere Veranstaltungen zum Thema Pflege und Digitalisierung

Die Hamburger Fern-Hochschule und die Management for Health INT werden den begonnenen Dialog aufgreifen und in den nächsten Monaten durch weitere Veranstaltungen und neue Formate festigen.

So wird unter anderem die 7. Fachtag „Digitalisierung. Künstliche Intelligenz. Ein Thema für die Pflege?“ am 30. März 2023 im HFH Studienzentrum Gesundheit und Pflege in Essen gemeinsam vorbereitet.